Susili - Person - Bilder - Lucy - Nelli + Laura - Gehirnblutung - Geistesblitze - Epilepsie - Texte - Kunst - Pop Art - Blog - Youtube-Kanal - Rätselbuch der Renaissance

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geistesblitze

Einstieg Geistesblitze Einstiegsseite und Kritik an der evangelischen Kirche EKD
1. Ebene Frühe Kindheit
2. Ebene Gesundheitliche Situation - Krankschreibungen bis 2005
3. Ebene Erläuterungen zu meinen Träumen und ein Hilferuf an die Bischöfe bevor die ganz heftigen Seiten kommen
4. Ebene Auslebung schmutziger Wünsche und die Umkehr - SM Seiten 35 Seiten

Ich werde keine Säuberungsaktion bzw. Bücherverbrennung veranstalten und diese Seiten aus dem Jahr 2005 von meiner Homepage löschen. Ich habe es erlebt, ich stehe dazu, und hätte ich all das nicht erlebt, wäre ich nach diesem "Höllenritt" nicht die Susanne, die es heute gibt.

5. Ebene Erlösung, Finale und Offenbarung oder Psychose 7 Seiten
6. Ebene Fax und Mail an die Bischöfe - Hermann Hesse zum Suizid
7. Ebene Psychose 2009 mit abgetrennter Hand und abgebranntem Haupthaar - Arztbriefe - Bilder
8. Ebene Die große Frage nach dem "WARUM"
9. Ebene Anrufbeantworter einer psychiatrischen Klinik.....Spaß muß sein!!!!
10. Ebene Vergangenheitsbewältigung.....Achtung nicht jugendfrei!!!! - Adam sieht meine Psychose
11. Ebene Mein Kampf "honi soit qui mal y pense"

Die große Frage nach dem "WARUM" ...

Ein Brief an Abra im forum.psychosenetz.com Forum am 13. Juni 2011,

als ich zuerst deinen text, liebe abra, gelesen hatte, fühlte ich mich schon ein wenig geborgen. ja nicht nur das, ich fühlte mich und meine psychosen verstanden und war nicht mehr so allein.

ich ganz persönlich kenne auch diese 2 welten. psychose mit positiv symptomativ, psychose mit negativ symptomatik.

nun gibt es meiner biographie aber einen entscheidenden knick.

2004 und 2005 hatte ich jeweils eine psychose, in der ich mich für gott hielt. die psychosen hielten sich in sofern in grenzen, weil nichts gebrannt hat oder kaputt gegangen ist. jeweils dauerte es ca. 1 woche, bis ich in der geschlossenen psychiatrie landete. dort erhielt ich dann erst haldol, schließlich risperdal und war ganz schnell wieder normal, sprich nicht mehr gott. jeweils gegen ärztlichen rat entließ ich mich aus der klinik und lebte ein sog. völlig normales leben.

dann kam die psychose 2009. ich hielt mich für gott. hatte wie auch zuvor halluzinationen fand mich genial, auch wie zuvor, jedoch war eines anders. ich wurde gewalttätig gegen mich selbst. ich schütte mir als gott benzin über den kopf, fackelte mein haupthaar ab, zehn minuten später dachte ich gott, daß meine linke hand die sünde sei, nahm ein messer und schnitt sie komplett ab. dann brachte mich die feuerwehr in die klinik, hand wurde wieder angenäht, beinhaut auf die lücken auf meinem kopf gepflanzt....naja...usw. nach der komazeit bekam ich erst haldol, dann risperdal und brachte es 2009 auf insgesamt 31 wochen krankenhausaufenthalt und 13 operationen.

nun aber zu dir abra.

ich kann voll nachempfinden, wie du dich fühlst, denn auch ich habe den kleinen und besonderen eindruck, etwas besonderes zu sein, so nach dem motto: gott hat noch etwas mit mir vor, deshalb lebe ich überhaupt.

auf meiner großen privaten homepage https://www.susannealbers.de hatte ich seit anfang 2004 bis heute ca. 4 millionen homepagebesucher, die sich von den ca. 6000 einzelseiten insgesamt 35 millionen seiten angesehen haben. alle seiten sind sehr tiefgründig, werbefrei und behandeln alle themen von religion über psychologie zu kunst, kultur, spaß, spiel, wissen, technik, architektur etc.

liebe abra, wenn ich an meiner homepage sitze ist das so, als hätte ich ein buch geschrieben. es gibt nur einen kleinen unterschied. ich kann heute eine seite fertig schreiben, sie sofort veröffentlichen und mich schon daran erfreuen, daß die seite anderen gefällt. ich muß nicht erst auf das ergebnis warten, bis das buch mit den vielen seiten fertig ist, sondern erhalte schon nach wenigen tage das feedback und muß mich nicht quälen und warten, bis das buch endlich auf dem verkaufstisch liegt, denn das könnte ja noch jahre dauern.

meine homepage hat auch einmal ganz klein angefangen....und wurde größer und größer... immer dann wenn ich unerträgliche kopfschmerzen hatte, lenkte ich mich durch die aneinandereihung von komplizierten java scripts oder aufwendig erstellten animationen die ich beim homepagebasteln entwickelte von den kopfschmerzen ab.

während der homepagebastelei wurde ich richtig manisch, sprach mit dem gott in mir, ob es jetzt, mit dieser seite genug wäre, ob es gut sei, die neue seite meinen mitmenschen zu schenken. mir lief der schweiß, ich war wie von sinnen und fühlte mich, als könnte ich die welt umarmen. zu der zeit hatte ich 10.000 besucher pro tag auf der https://www.susannealbers.de seite.

also abra - so - vielleicht so.... stelle ich mir dein buch vor, es muß genial sein. nur dir wünsche ich tägliche erfolge. so, als würdest du mit einer kleinen geschichte beginnen und dann pro woche eine fortsetzung veröffentlichen. dann hast du auch ein wöchentliches feedback und nicht so eine lange durststrecke zu bewältigen.

ich lernte und liebte dann klaus ab anfang 2006 kennen. er war ein großer professor in medizin, wahnsinnig intelligent und hatte ein eigenes sportflugzeug. wir schwebten auf einer wellenlinie und verstanden uns perfekt. aber wie das im leben so ist....ich ließ mich blenden. ich erkannte nicht, welch großer narzißt er war. logisch, ich war ja unsterblich verliebt, da erkennt man keine fehler im anderen. dann plätscherte mein leben mit klaus dahin, bis er anfing mich schlecht zu machen. er kritisierte alles an mir.

ich war sprachlos, konnte nicht glauben, was mir wiederfuhr.

nein ganz einfach... er war neidisch auf meine vielen homepagebesucher, die mir so nett ins gästebuch schrieben. er drängte mich, die ursprünglich große homepage vom netz zu nehmen. ich tat es - um seinetwillen. statt der 10.000 homepagebesucher hatte ich nun nur noch klaus. er nahm mich ganz in beschlag, wobei, wir lebten 800km voneinander entfernt und sahen uns nicht so oft. dafür telefonierten wir täglich aber stundenlang. ich war, wie besessen von ihm.

erst mit hilfe meiner liebsten freundin bettina kam ich von ihm los. ihre vorsichtige distanz öffnete mir die augen. es kam zum wiederholten streit mit ihm. ein hochgeistiger e-mail streit. erst mit diesem streit begann ganz langsam meine erneute psychose.

zunächst dachte ich pro tag minutenweise, daß ich göttlich sei und klaus bemerkungen von ober herab in den emails kommentiere, er hatte mich genötigt, das risperdal abzusetzen, denn ein großer narzißt hat keine kranke freundin. er behauptete meine psychosen von 2004 und 2005 seien garkeine richtigen gewesen. und ohne risperdal war ich verloren. meine psychose wurde immer schlimmer, ich fühlte mich immer genialer, schlief nicht mehr....ach den rest könnt ihr euch denken. jedenfalls war es meine liebste freundin bettina, die schließlich die polizei und die feuerwehr rief, als ich mir die hand abgetrennt hatte.

sooooooooooooooooooooooooooooooo... rest steht ja oben schon (31wochen krankenhaus etc.) nachdem alles überstanden war, stellte ich meine homepage wieder ins internet und arbeite noch heute daran. zu klaus habe ich seit april 2010 keinen kontakt mehr.

grundsätzlich habe ich nun aber medikamenteninduzierte psychosen. gegen meine epilepsie nehme ich keppra. das macht mich bis auf wenige große anfälle anfallsfrei, dafür habe ich aber sehr viele kleine anfälle. aber keppra sorgt dafür, daß meine synapsen zuviel dopamin ausschütten und ich ohne risperdal psychotisch werde.

und trotzdem es medikamenteninduzierte psychosen sind, die immer bei traumatischen verlustängsten und großem streß entstehen, habe ich aber trotzdem das gefühl, daß etwas göttlich geniales in mir schlummert. und da konnte ich dich abra so besonders gut verstehen. auch ich erlebe zwar nicht stimmen oder andere halluzinationen, wie personen, sondern nenne das, was ich erlebe, göttliche impulse. denn immer wenn ich an meiner homepage weiterarbeite, könnte ich auf schlaf und essen verzichten, ich bin nur noch dabei. so bald ich damit aufhöre werde ich traurig und fühle mich von gott verlassen, wenn ich keine neue gute idee habe.

ich bin mittlerweile berentet und erhalte zusätzlich grundsicherung. da ich neben der epilepsie noch mit hirnaneurysmen zu kämpfen habe (lacht...ich hab's halt am kopf) ist das auch eine gute regelung, denn so bin ich nicht arbeitsfähig, obgleich ich, siehe meine homepages sehr leistungsfähig und hochkonzentriert bin - meistens nachts.

ich möchte auch nicht darauf verzichten, daß ich diese göttlichen genialen impulse bekomme. es ist für mich eine wundervolle zeit, wenn ich wieder eine schöne seite erstellt habe. ich spreche auch in gedanken mit gott. unterhalte mich mit ihm über den tagesverlauf. das läuft aber immer sehr verhalten und automatisiert ab. man merkt es als außenstehender nicht. wenn ich keine psychose habe, dann empfinde ich mich als werkzeug gottes. so nach dem motto: welche schöne homepageseite kann ich meinen nächsten als nächstes schenken? ich weiß, ich bin nicht gott. aber ich weiß auch, daß es ihn gibt, sagen wir mal, er wirkt durch mich, deshalb nenne ich das göttliche impulse. ich persönlich habe niemals homepagebau gelernt, sondern bringe mir alles autodidaktisch bei. und das empfinde ich dann als geschenk gottes.

so auch du abra. trotz deiner traumatischen kindheitserlebnisse hast du die göttliche fähigkeit so umwerfend zu schreiben - du mußt mir keinen buchauszug schicken - ich glaube dir jetzt schon, daß er genial ist. gerade deshalb ermuntere ich dich auch um jeden preis fertig zu werden. ich wünsche dir von herzen erfolg und bestätigung.

so... das solls erstmal gewesen sein.... fühle dich geknuddelt....keiner von uns ist verrückt - stop.....ich war es, als ich mir die hand abschnitt....

liebe grüße, susanne
susili

 

Späterer Nachtrag in Anlehnung an Heinz Zahrnt:

"... Gottes Geist wohnt im Menschengeist. Der göttliche Geist ergreift den menschlichen Geist und treibt ihn über sich hinaus, aber er schaltet ihn nicht aus. Umgekehrt kann der Mensch Gottes Geist nicht durch irgendwelche Techniken und Methoden auf sich herab-, in sich hineinzwingen - er muß von ihm ergriffen werden.
Ob der Geist Gottes einen Menschen ergriffen hat oder irgendein anderer Geist ihn "besessen macht", zeigt sich am Unterschied zwischen "Ekstase" und "Rausch". Der Rausch macht den Menschen "kopflos". Er zerstört die rationale Struktur des menschlichen Geistes, ruiniert seine schöpferische Kraft und hebt die Distanz zu den objektiven Inhalten der Wirklichkeit auf, so daß der Mensch in seiner Subjektivität ertrinkt. Die Ekstase hingegen hebt den Menschen zwar über sich hinaus, läßt ihn aber bei Verstand bleiben. Vom Geist ergriffen, gerät er in Bewegung, ergreift die objektive Welt in ihrer Vielfalt und Fülle und gewinnt die Kraft zu schöpferischen Leistungen, zu denen er bisher nicht fähig war. ..." (Text von Heinz Zahrnt: Geistes Gegenwart, Seite 29-37 ISBN 3-492-10165-8 Serie Piper)

GENAU AM 02. April 2004 STELLTE ICH DIESE HOMEPAGE INS NETZT

Losung und Lehrtext für Freitag, 2. April 2004

Du machst Winde zu deinen Boten und Feuerflammen zu deinen Dienern.
Psalm 104,4

Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist.
Johannes 3,8

 

Ähnlich zeigt es Caravaggio 1602, als Matthäus von Gott inspiriert war:

caravaggio

 

Heinz Zahrnt - Geistes Gegenwart - Die Wiederkehr des heiligen Geistes - ISBN 3-492-10165-8
Seite 29-37
1. Gottes Geist und Menschengeist

Was "Geistes Gegenwart" bedeutet, dafür bietet das Gespräch zwischen Jesus von Nazareth und dem jüdischen Schriftgelehrten Nikodemus ein geradezu schon klassisches Beispiel. Die Polarität zwischen Gottesgeist und Menschengeist ist es, die ihm seine Spannung verleiht und es vorantreibt: von der Theologie zu Religion, vom Räsonnement in die Existenz.

Der Dialog ist, wie auch jede Begegnung mit der samaritanischen Frau am Brunnen oder seine Konfrontation mit dem römischen Statthalter Pontius Pilatus eine johanneische Dichtung (Johannes 3,1- 10).

Jesu Gesprächspartner wird mit drei Titeln charakterisiert: er ist ein Pharisäer, das heißt, er nimmt die Thora, Gottes Gesetz, ernst; er ist ein Schriftgelehrter, das heißt, er hat Theologie studiert und es darin zu Stand und Würden gebracht; und er ist Ratsherr, das heißt, er gehört dem Hohen Rat in Jerusalem an, der höchsten geistlichen Behörde, die über die Rechtgläubigkeit im Land zu wachen hat. auf unsere Verhältnisse übertragen: ein Oberlandeskirchenrat der Glauben hat, zudem etwas von Theologie versteht und Mitglied der Kirchenleitung ist. Alles in allem eine so genannte "geistliche Persönlichkeit" Ein solcher Mann könnte eigentlich gelassen seiner Pensionierung entgegenleben er hat Karriere gemacht er weiß über Gott die Welt Bescheid, ihm kann niemand etwas vormachen - auch der neue Prophet nicht, der jüngst auf dem Fest in Jerusalem durch seine Wunder von sich reden macht. Aber so eben verhält sich Nikodemus nicht. Für ihn ist mit der Karriere die Schranke des Lebens nicht geschlossen, er ist auch noch nicht in der theologischen Routine und kirchlichen Konventionen erstarrt.

Nikodemus fragt noch nach der Wahrheit. Und wer fragt, ist noch lebendig und auf dem Weg. Wer nicht mehr fragt, ist nicht am Ziel, sondern am Ende, und derweil er lebt, ist er schon tot.

Nikodemus hält ein Gespräch über Gott und die Welt deshalb noch eines Nachtschlafes für wert. Im Psalter heißt es: "Am Tag sendet der Herr seine Güte, und des Nachts singe ich ihm und bete zu dem Gott meines Lebens." Und ein Rabbinenwort lautet: "Wer sich des Nachts mit der Thora beschäftigt, über den zieht Gott den Faden seiner Huld am Tage." Darum sucht der fromme Jude in der Nacht wenn es dunkel und still wird, seinen Gott und studiert das Gesetz und die Propheten.

Bei seinem nächtlichen Studium geht dem Schriftgelehrten Nikodemus dieser Jesus aus Nazareth nicht aus dem Sinn. Er hat seinen Auftreten beobachtet; es hat Eindruck auf ihn gemacht und sein theologisches Interesse geweckt, nicht sein berufliches: Wer mag dieser Wanderlehrer aus dem Norden aus dem Galil, sein? Ob er etwas mit dem Kommen des Reiches Gottes zu tun hat, auf das jetzt zu viele warten? Aber was kann aus Nazareth schon gutes kommen? Im Galil steht kein Prophet auf. Am besten, er geht zu ihm hin und fragt ihn selbst. Und so macht Nikodemus sich auf den Weg zu Jesus. Warum in der Nacht? Darüber haben die Ausleger viel spekuliert. Die einen sagen: In der Nacht, weil Nikodemus vor seinen Fakultätskollegen Angst hat - mag sein, denn etwas Timidität gehört nun einmal zu jedem Intellektuellen, und Fakultätskollegen können biestig sein. Andere meinen: In der Nacht, weil dies nun einmal die beste Zeit für ein Gespräch über Gott und die Welt ist - mag sein, denn in der Tat ist ein solches Gespräch eine schlaflose Nacht wert. Auf jeden Fall läßt der Gedanke an Jesus Nikodemus nachts nicht schlafen.

Er eröffnet das Gespräch mit einem Kompliment an Jesus: "Rabbi, wir wissen, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen; denn niemand kann Zeichen tun, die du tust, es sei denn Gott ist mit ihm." "Wir wissen, daß..." - das ist der Ausdruck gesunden theologischen Menschenverstands: Wo solche Wunder geschehen, wie Jesus sie tut, dort muß Gott am Werk sein - mithin ein Zeichen, dass Gott mit diesem Wundertäter ist.

Aber rationale Erwägung reicht nicht. Wer nur erwägt, bleibt selbst noch draussen vor. Und auch Bewunderung genügt nicht. Die Ehrfurcht der Bewunderung, sagt Kierkegaard, ist keinen sauren Hering wert. Wer ehrlich nach der Wahrheit fragt, muß sich selbst in Frage stellen. Darum fällt Jesus Nikodemus noch ehe dieser seine Frage formuliert hat, sogleich ins Wort und kommt zur Sache: "Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, sonst kann er das Reich Gottes nicht sehen." Damit nimmt das Gespräch von vornherein einen völlig anderen Verlauf, als Nikodemus es erwartet hat.

Jesus Antwort reißt den Schriftgelehrten aus der Distanz seiner wohlwollende Neutralität - sowohl aus der Sphäre der rationalen Erwägungen als aus dem Bann der persönlichen Bewunderung. Er kommt Nikodemus "existenziell". Wer hinzulernen will, muß umlernen! Jesus ist nicht eine Art höherer Rabbi, sondern der mit dem Geist Gottes gesalbte Offenbarer der Endzeit - darum muß, wer am Reich Gottes Anteil haben will, von neuem geboren werden! Also nicht Beobachtung sichtbarer Phänomene, nicht Erkenntnisse höherer Welten und auch nicht nur sittliche Besserung - weder Theologie noch Esoterik oder Moral, sonder Neugeburt: Wiedergeburt der Theologie aus dem Geist Gottes! Wie aber geht das zu? Was kann ein Mensch tun, damit Gottes Geist seinen Geist ergreift und Glauben in ihm weckt?

Nikodemus reagiert naiv-realistisch, beinahe platt. Er stellt sich auf den Boden der Tatsachen, verweist auf biologische Fakten. Am krassesten Beispiel legt er dar, wie unmöglich Jesu Forderung ist: "Wie kann ein Mensch noch einmal geboren werden, zumal er schon alt ist? Kann er etwa wieder in den Menschenleib eingehen und noch einmal geboren werden?"

Diese Art, die Gesprächspartner Jesu Antworten grotesk mißverstehen zu lassen, ist ein Stilmittel des Evangelisten. Literarisch dient es dazu, das Gespräch voranzutreiben; theologisch steht dahinter die Absicht, die Verschlossenheit des Menschen darzustellen, der mit seiner Erkenntnis an der Oberfläche der Dinge haften bleibt. So muß Nikodemus dazu herhalten, unseren eigenen Unverstand ins Bild zu setzen. Aber hat Nikodemus denn gar so unrecht?

Wie steht es denn mit unserem Wunsch, noch einmal im Leben neu anzufangen und diesmal alles anders und besser zu machen, wenn möglich auch unter veränderten Verhältnissen? In einem anderen Beruf, mit einem neuen Ehepartner, mit einem gesunden Leib, an einem fremden Ort, ohne die alte Schuld - aber es hülfe nichts. Es würde wieder so kommen, wie es gekommen ist. Wir werden uns selbst nicht los; unser ärgster Tyrann ist unser eigenes Ich - wie Wilhelm Busch von einem Auswanderer sagt, der durch seine Emigration sich selbst entkommen wollte: "Der Ort war gut, die Lage neu, Dert alte Lump war auch dabei."

Selbst wenn es gelänge, durch Umerziehung oder gar Züchtung einen neuen Menschen zu erzeugen, der dann eine neue Welt schüfe, oder umgekehrt eine neue Gesellschaft herzustellen, aus der dann ein neuer Mensch hervorginge - es wäre vergebens. Ewig wandeln im Kreise die Gottlosen: Was ist denn aus der angeblich völkischen Wiedergeburt Nazi-Deutschlands geworden, was aus dem Arbeiter- und Bauernstaat DDR oder was aus der Fabrik des neuen Menschen in der Sowjetunion und China?

Auch durch Bewußtseinserweiterung und Selbstverwirklichung entsteht kein neuer Mensch. Es ist doch immer wieder nur der "alte Adam" in uns, der sich erweitert und verwirklicht. Es bleibt am Ende stets das alte Woher und Wohin. Wiedergeburt ist kein vom Menschen zu bewerkstelligender Vorgang - es bedarf eines neuen Ursprungs.

Und schließlich angenommen, es wäre wahr, was heute viele Zeitgenossen, sogar schon Christen glauben: dass der Mensch eine lange Reihe von Geburten zu durchlaufen habe, mal höhere, mal niedrigere - was bei jeder Wiedergeburt neu ins Fleisch käme, wäre doch immer wieder nur einer von derselben alten Sorte "Mensch", darum bei der tausendsten Wiederverkörperung Gott nicht näher und seiner Gnade nicht weniger bedürftig als bei der ersten.

Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch", sagt Jesus zu Nikodemus. Das ist eine herbe, bitter schmeckende Wahrheit, aber sie entspricht der Wirklichkeit. Als wir geboren wurden, waren wir zwar dabei, aber wir waren nicht beteiligt - unsere Geburt ist uns zuteil geworden. Und geradeso, wie wir zu unserer leiblichen Geburt nichts beigetragen haben, können wir auch zu unserer geistigen Wiedergeburt nichts tun. Sie ist unverfügbar - aber dennoch ist sie möglich, eine für den Menschen unmögliche Möglichkeit.

Nikodemus fragt skeptisch: "Noch einmal?" und bleibt damit in der Horizontalen. Jesus antwortet ihm: "Von oben" und verweist so auf die Vertikale: "Was vom Geist geboren ist, das ist Geist." Damit treten wir ein in das göttliche Geheimnis. Ein Geheimnis kann man nicht erklären und damit ein für allemal enträtseln, aber man kann es im Bilde beschreiben - dann erschließt es dem, der sich ihm öffnet, die in ihm verborgene Wahrheit, aber es hört damit nicht auf, Geheimnis zu sein.

Jesus beschreibt das Geheimnis des Geistes Gottes im Bild des Windes.

Zu diesem Bild mag ihn der Nachtwind angeregt haben, der während des Gesprächs mit Nikodemus um das Haus streicht: "Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So verhält es sich mit einem jeden, der aus dem Geist geboren ist." Der Wind hat einen weiten Anfang und ein weites Ende. Irgendwo entspringt er, und irgendwo verweht er. Wo, wissen wir nicht. Wir haben den Wind nicht in der Hand, wir können ihn nicht greifen. Aber wir spüren ihn, wenn er um uns weht, und erkennen seine Wirkung. Er kühlt uns oder erhitzt uns; er peitscht die Wellen, wirbelt den Staub hoch, deckt die Dächer ab und reißt die Zweige von den Bäumen. Geradeso verhält es sich mit Gottes Geist. Er ist unverfügbar, aber er ist da, er wirkt - und darum ist er spürbar. "Wie kann das geschehen?" fragt Nikodemus noch einmal. Und darauf Jesus nun verwundert, fast spöttisch: "Du bist ein Lehrer Israels und weißt das nicht?" Das ist nun in der Tat eine paradoxe Situation. Nikodemus fragt nach der Möglichkeit, wie der Geist Gottes geschehen kann. Dabei ist er bereits gegenwärtige Wirklichkeit. Der von Gottes Geist Ergriffene sitzt ihm leibhaftig gegenüber. Was "Geistesgegenwart" bedeutet, ist an Jesus aus Nazareth erkennbar, und Neugeburt wird daher durch ihn möglich.

Der Apostel Paulus nennt Jesus den "Erstgeborenen unter vielen Geschwistern". Das heißt: Die von Jesus entfachte Glaubensbewegung setzt sich fort. Wie in einem Kaminfeuer der erste Holzscheit, wenn es entzündet ist, die anderen Scheite mit seiner Glut ansteckt, geradeso entzündet Jesu Geist die Herzen von Menschen, so daß das Feuer des Glaubens und der Liebe in ihnen weiterbrennt. Die der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Wo immer dies geschieht, dort findet gleichsam eine neue Geburt statt. So geht gleich einer Geburtenkette eine Geistbewegung durch die Geschichte, keine apostolische Nachfolge von Bischof zu Bischof, wohl aber eine spirituelle von Glauben zu Glauben - bis auf den heutigen Tag. Gottes Geist wohnt im Menschengeist. Der göttliche Geist ergreift den menschlichen Geist und treibt ihn über sich hinaus, aber er schaltet ihn nicht aus. Umgekehrt kann der Mensch Gottes Geist nicht durch irgendwelche Techniken und Methoden auf sich herab-, in sich hineinzwingen - er muß von ihm ergriffen werden.

Ob der Geist Gottes einen Menschen ergriffen hat oder irgendein anderer Geist ihn "besessen mach", zeigt sich am Unterschied zwischen "Ekstase" und "Rausch". Der Rausch macht den Menschen "kopflos". Er zerstört die rationale Struktur des menschlichen Geistes, ruiniert seine schöpferische Kraft und hebt die Distanz zu den objektiven Inhalten der Wirklichkeit auf, so daß der Mensch in seiner Subjektivität ertrinkt. Die Ekstase hingegen hebt den Menschen zwar über sich hinaus, läßt ihn aber bei Verstand bleiben. Vom Geist ergriffen, gerät er in Bewegung, ergreift die objektive Welt in ihrer Vielfalt und Fülle und gewinnt die Kraft zu schöpferischen Leistungen, zu denen er bisher nicht fähig war.

Aber woran läßt sich die Ekstase vom Rausch, der wahre Prophet vom falschen, der gute Geist vom bösen unterscheiden? Es ist schwer auszumachen, wes Geistes Kind ein Mensch ist. "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen", heißt es in der Bibel - aber auch der Teufel kann bekanntlich zaubern. Im Jahre 1933 haben auch viele Christen ein deutsches Pfingsten erhofft. Sie hatten ihre Windsäcke sozusagen weit aufgespannt und warteten darauf, daß der Geist Gottes hineinblase. Aber der Geist Gottes blies nicht - statt dessen wehte der Teufelsgestank der Hölle. Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 meinten wir unsererseits nun, daß die Stunde des nationalen Unheils eine Stunde des göttlichen Heils sei. Wir sprachen vom "Nullpunkt der Gnade" und warteten darauf, daß der Geist Gottes wehte - hat er geweht?

Damit ist die Frage nach der Unterscheidung der Geister gestellt. Ich nenne drei Kriterien: Erstens: Der Geist Gottes ist der Geist Jesu aus Nazareth und Jesus hat die Liebe Gottes unter den Menschen geglaubt und gelebt. Im Umgang mit ihm lernt man daher, Glauben und Liebe als die beiden schöpferischen Gaben des heiligen Geistes zu erkennen und damit zwischen dem Geist und den Geistern zu unterscheiden.

Zweitens: Die Berufung auf den heiligen Geist ist kein ausreichendes Argument für die Wahrheit. Wer sich im Streit um die Wahrheit auf den Geist Gottes beruft, ist nicht davon befreit, für seine Überzeugung auch gute Gründe der Vernunft anzuführen. Drittens: Die Unterscheidung der Geister bleibt stets ein Risiko und die Frage, wer den wahren Gott hat, daher am Ende notwendig offen. Vielleicht ist gerade die Einsicht in diese endgültige Offenheit ein Erweis für die Geistesgabe der Unterscheidung. Der Wind weht, wo er will, und du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt - Gottes Geist ist unverfügbar. Aber gerade seine Unverfügbarkeit ist unsere Chance. Unverfügbar heißt ja nicht unmöglich, sondern nur aus eingener Kraft nicht möglich, aber gerade darum für uns möglich. Mit der Wahrheit Gottes verhält es sich nicht anders als mit jeder anderen: Wer ihrer teilhaftig werden will, muß sich dorthin begeben, wo sie ausgeteilt wird, und muß es, um sie zu erproben, mit ihr probieren - dann wird man's ja sehen.

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Noch späterer Nachtrag zu mir und meinem Erleben als Mystikerin:

Aspekte der mystischen Grunderfahrung (nach Kees Waaijman)

Betende Sehnsucht als Auslöser: Im Normalfall setzt die
mystische Erfahrung eine tiefe betende Sehnsucht nach Gott
voraus, mit anderen Worten: Gotteserfahrung wird dort möglich,
wo der Mensch die tiefste Sehnsucht seines Herzens zuläßt,
die Sehnsucht nach Glück und Erfüllung, die nicht
machbar, sondern immer reines Geschenk sind.

Gegenwart des Erfahrungskerns: Gott wird nicht mehr nur
als Horizont des Betens geglaubt, sondern als unmittelbar
gegenwärtig erfahren; und genau diese unverfügbare,
aber machtvoll hereinbrechende Gegenwart, die das eigenmächtige
Beten durchbricht, bewirkt die Verschiebung des
Schwerpunkts vom Ich zum Du.

Ekstase: Das Ergriffensein von der göttlichen Gegenwart läßt
den Menschen gleichsam aus sich heraustreten, er steht
nicht länger selbst im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit
und seines Tuns, sondern ist in völliger Selbstvergessenheit
ganz hingerissen vom (göttlichen) Du.

Loslösung: Die Verschiebung des Schwerpunktes vom Ich
zum Du führt zu einer inneren Loslösung von allem, was
den Menschen bislang emotional fesselte, er wird frei von
seiner Ichgebundenheit, die ihn unbewußt bis in seine
Gottesbeziehung hinein immer wieder sich selbst in den
Mittelpunkt stellen ließ. Die Loslösung ist also nicht das Ergebnis
asketischer Anstrengungen, sondern eine Frucht der
Gotteserfahrung.

Passivität und Unmittelbarkeit: Es verschiebt sich der
Schwerpunkt vom eigenmächtigen Tun zum Empfangen und
Geschehen-Lassen; der Mystiker erfährt, daß nicht mehr er
selbst der Handelnde ist, sondern Gott ohne sein Zutun in
ihm am Werk ist.

Gotteinung: Durch die Schwerpunktverschiebung wird der
Mystiker in all seinen Fähigkeiten (klassisch ausgedrückt: in
seinem Erkenntnisvermögen, seinem Wollen und Empfinden
und seinem Erinnerungsvermögen) mit dem Wirken Gottes
geeint.

(Wesens)schau: Die Gotteserfahrung geht mit einem intuitiven
Erfassen der Liebe Gottes und Erkennen seiner Wahrheit
einher, mit einem ahnungsweise Erspüren der letzten Wirklichkeit
hinter dem Alltagsgeschehen, das viel tiefer als jegliche
rationale Erkenntnis ist und immer den Charakter eines
„Wissens im Nichtwissen“ beibehält.

Einwohnung Gottes: Gott teilt sich der Seele als ihr eigener
Urgrund mit bzw. der Mensch wird sich der Gegenwart
Gottes in seiner tiefsten Seelenmitte bewußt.

Gegenseitigkeit: Der Mystiker erfährt sich nicht nur als
passiver Empfänger, sondern er weiß sich zu einer partnerschaftlichen
Liebesbeziehung eingeladen, in der er als ebenbürtiger
Partner Gottes anerkannt wird.

Auswirkungen im Alltag: Wenn Gott einen Menschen innerlich
ergreift, so wirkt sich das immer auch auf seine ganze
Lebensführung aus. Für viele Mystiker
sind gerade die guten Früchte im Alltag ein
wichtiges Kriterium für die Authentizität einer inneren Erfahrung.

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In all diesen Aspekten sind Erfahrungen angesprochen, die
auch vielen betenden und meditierenden Menschen unserer
Tage nicht ganz fremd sind; und vor allem wird darin eine
Grundbewegung sichtbar, die nichts anderes ist als die urchristliche
Bewegung weg von dem um sich selbst kreisenden
Ich hin zum Du (Gottes und des Mitmenschen), nichts anderes
also als das, was Paulus meint, wenn er vom Sterben des egozentrischen
„alten Menschen“ und der Geburt des uneigennützig
liebenden „neuen Menschen“ spricht.

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(Auszüge S. 185ff. Teresa von Ávila, Gedanken zum Hohelied, Gedichte und kleinere Schriften
Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD und Elisabeth Peeters OCD
Herder, spektrum, Band 5477)

 

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Ich hadere mit dem Gedanken an das Sühneopfer Christi.

Ich kann mit nicht vorstellen, daß der Gott, der immer auch in allem ist, ein Opfer nötig hat.

 

Zur Zeit bin ich bei folgenden Gedankengängen aus den sehr erhellenden Youtube Videos zu mystischen Stufen von Prof. Dr. Sabine Bobert, und fühle mich bei den frühen Mystikern, bevor das Christentum Staatskirche wurde, recht wohl.

 

Gott wurde Mensch, damit wir vergöttlicht werden. (Bischof Athanasius 4.Jhdt.)

*

Das Reich Gottes ist "inwendig in euch" = entos humôn.

Lukasevangelium 17:21
girechisch:
oude erousin
idou hôde hê ekei
idou gar hê BASILEIA TOU THEOU ENTOS HUMÔN ESTIN
latein:
neque dicent
ecce hic aut ecce illic
ecce enim REGNUM DEI INTRA VOS EST
deutsch:
Man wird auch nicht sagen /
Sihe hie / oder da ist es.
Denn sehet / Das Reich Gottes ist inwendig in euch.

*

am 13. Mai 2019 habe ich den Text "Das weiße Licht" über meine nachhaltige Nahtoderfahrung geschrieben. KLICK

 

am 23. Dezember 2019 hatte ich eine Eingebung zur Jahreslosung 2020 (Ich glaube; hilf meinem Unglauben. Markus 9,24). Darüber schrieb ich am 28. Dezember 2019 folgenden Text. KLICK

 

Im Buch "Gott 9.0" von Marion Küstenmacher, Tiki Küstenmacher und Werner Haberer fand ich folgenden Abschnitt:

Vierter Zustand mystischer Versenkung

Nonduales Sein

Josef Sudbrack, Jesuit und Mystikspezialist, lehnt es aufgrund seiner profunden Kenntnis christlicher Mystikerquellen schlichtweg ab, die personale Beziehungsmystik auf Gott hin von der nondualen Einheitsmystik zu trennen. Man kann offensichtlich beides erfahren, und in christlichen Mystikerzeugnissen finden sich laut Sudbrack genügend 'fließende Übergänge'.
'Wenn die Ekstase auf Gott hin dem Menschen zur 'Einheits'-Erfahrung wird, beginnt dieser zu ahnen, daß Gott nicht nur das DU ist, dem er in Liebe begegnet, sondern auch der grundlose Grund, der die Einheitserfahrung trägt. Ein eindimensionales Sprechen von Gott und damit vom Gotteserfahrung - 'gegenüberstehendes Du' oder nur 'Meer der Seinseinheit' - wird der göttlichrn Wirklichkeit nicht gerecht.'

Das Verschwinden des Ich

Zu Beginn darum eine Geschichte, die diese zwei Wege hinein in die NonDualität illustriert.

Ein Jesuitenpater weilte als Gast in einem japanischen Zen-Kloster. Dort fragte ihn der Zenmeister, nach welcher Methode er meditiere. Der Pater schilderte ihm den dritten Versenkungsgrad: dass er still, ohne Worte, Gedanken, Bilder oder Ideen, in der Gegenwart Gottes sitze. Der Zenmeister wollte wissen, ob sein Gott überall sei. Der Pater konnte das bejahen, Dann fragte der Meister, ob er 'ganz in Gott eingehüllt' sei. Auch das bestätigte der Jesuit. 'Und das erleben Sie?', hakte der Meister nach. Wieder ein Nicken. Der Zenmeister fand das sehr gut: 'Weiter so. Mit der Zeit wird Gott verschwinden und nur noch Sie werden übrig bleiben.' Das schockierte den Pater, weil es allem zu wiedersprechen schien, was ihm als Christ heilig war. Er schüttelte also den Kopf: 'Nein, nein. Gott wird nicht verschwinden. Aber vielleicht ich. Dann ist nur noch Gott übrig.' 'Ja, ja', erwiederte der Zenmeister lächelnd. 'Das ist dasselbe.'

Der Weg des Zen-Buddhisten wie der Weg des kontemplativen Christen führt zum Verschwinden der Dualität. Natürlich gibt es immer wieder Verwirrung, wenn es heißt, das Ich verschwindet. Und für westliche Ohren klingt es bisweilen noch lästerlicher, wenn man sagt, Gott verschwindet. Aber es ist das Gleiche, worauf Meister Eckhart zielte, als er sagte: 'Darum bitte ich Gott, dass er mich quitt mache von Gott.' Das 'Ich' des Wachzustandes bleibt zwar vollkommen zugänglich, aber man weiß, das es eben nicht mehr ausschließlich dieses Ich ist, was das eigen tiefste Wesen ausmacht. Genauso ist es mit den Gottesvorstellungen.

In den tieferen Versenkungsgraden sollen sämtliche Vorstellungen von 'Ich' oder von 'Gott' samt den damit verbundenen Wahrnehmungs-Beschränkungen verschwinden dürfen. Am Ende des Weges ist nur noch ein Subjekt übrig. Es gibt keine Zweiheit von Ich und Gegenüber-Ich mehr, es gibt keine Gegensätze mehr, alle sind zusammengefallen in ihre ursprüngliche ungetrennte, ungeschaffene Einheit. Es gibt in diesem Bewußtseinszustand auch keinen Graben zwischen Himmel und Erde, kein Getrenntsein vom Wahrgenommenen und Wahrnehmenden mehr.

Von Shankara, einem hinduistischen Philosophen und Mystiker, der im 8. Jahrhundert lebte, ist folgender Spruch überliefert:

Der Narr denkt: Ich bin der Körper! Der verständige Mensch denkt: Ich bin eine individuelle Seele, vereinigt mit dem Körper. Der weise Mensch aber sieht in der Größe seiner Erkenntnis und seiner spirituellen Unterscheidung das Selbst als die einzige Wirklichkeit und er denkt: Ich bin Brahman, das unendliche Eine.

Hindus sagen also: Das All bist du. Im Bewußtsein ist nur noch das Große Selbst übrig geblieben und es ist das Ganze, unendliche Eine, Brahman.

Bei den Sufis, den islamischen Mystikern, verschmelzen laut Halladsch (857-922) der Geist des Menschen und der Geist Gottes, 'wie sich Wein mengt mit reinem Wasser'. Eine Unterscheidung ist da nicht mehr möglich:

Oh Gott, bei uns hat aufgehört das Ich und Du, Du bist zugleich das Du und Ich. Ich bin verwirrt: bist Du nicht Ich oder bin Ich Du?

Katharina von Genua (1447-1510) spricht als katholische Christin von dieser Erfahrung. Hier ist nur noch Gott übrig geblieben:

Soll ich von mir sprechen, so sage ich: Mein Ich ist Gott. Ich kenne kein Ich mehr als nur meinen Gott. Es geht nicht mehr um Einung, denn ich sehe nicht, was vereint werden soll. Ich sehe nur ihn. Ich weiß nicht, wo mein Ich ist, ich suche es auch nicht. Gott ist Mensch geworden, um mich zu Gott zu machen, so will ich ganz zu seinem Geist werden.

Gottes Auge ist mein Auge

Hier gehen einem die Augen auf: Der Blick Gottes auf die Welt und der eigene Blick sind eins geworden.

In den Worten von Ken Wilber:

Ich bin das Auge des Geistes. Ich sehe die Welt, wie Gott sie sieht. Ich sehe die Welt, wie die Gottheit sie sieht. Ich sehe die Welt, wie der Geist sie sieht (...) Der ganz Kosmos entsteht im Auge des Geistes (...) in meinem eigenen inneren Gewahren.

Das entspricht tiefer christliche Mystik, wie man sie bei Meister Eckhart nachlesen kann:

Das Auge, mit dem ich Gott schaue, es ist dasselbe, darin Gott mich sieht. Mein Auge und Gottes Auge, das ist ein Auge und ein Sehen und ein Erkennen und ein Lieben.

Das Gleiche erfuhr Mechthild von Hackeborn (1241-1299):

Da zog Gott die Seele ganz in sich, sodass es ihr erschien, sie sehe mit Gottes Augen, sie höre mit seinen Ohren, sie rede mit seinem Mund und habe kein anderes Herz als das Herz Gottes.

Alles ist Ganzheit, ist eins, nichts ist mehr von Gott getrennt: 'Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen' (Matthäus 5,8).

Eingefaltetsein

Die deutsche Mystik hat dafür einen wunderbaren Begriff gefunden: die Einfaltung, die vollständige Rückkehr aus der bildlichen und gedanklichen Vielfalt der dualistischen Entfaltung in ein Subjekt und seine Objekte. Es handelt sich um eine Nicht-Vielheit, die alle Vielheit hervorbringt und die Plotin (20-70 n. Chr.), der Philosoph der Nondualität, das 'Gesamtsein' nennt, die man in 'immerwährender Wachsamkeit' erfährt.

Kardinal Nikolaus von Kues (1401-1464), selbst ein großer Mystiker, beschreibt das Zusammenfallen aller Gegensätze so:

In Gott ist alles eingefaltet, was ist. Gott ist die Entfaltung von allem. Er ist so in allen Dingen, dass alle Dinge in ihm sind.

In der wiedererlangten Einfaltung wird Gottes Geist und unser Geist als eins erfahren, Subjekt und Objekt verschwinden. Nonduales Bewußtsein besagt: Egal, was übrig bleibt, es ist die unüberbietbare Einheit des Seins selbst. Man empfindet ein tiefes Aufgehobensein und größtmögliche Klarheit. Es ist die uralte Erfahrung der Einheit aller Wesen im Sein.

Hier endlich ist Gott die Einheit allen Seins, Gott ist 'alles in allem' (1. Korintherbrief 15, 28). 'Unser ganzes Leben sollte ein Sein sein', sagt Meister Eckhart und fügt hinzu: 'Hier ist Gottes Grund mein Grund und mein Grund ist Gottes Grund. Gott und ich, wir sind eins.'

Einssein in Christus

Natürlich hat auch Jesus all dies selbst erfahren. Er war der erste nonduale Lehrer des Westens, der die Wahrheit verkündet hatte mit den Worten: 'Ich und der Vater sind eins.' Jesu Zeitgenossen bezichtigten ihn der Gotteslästerung, weil er 'ein Mensch sei und sich selbst zu Gott mache' (Johannes 10, 33). Da erinnerte Jesus seine Kritiker an das Psalmwort ihrer eigenen jüdischen Tradition: 'Ich habe gesagt: Ihr seid Götter' (Psalm 82, 6 ).

Jesus hatte seinen Jüngern versprochen, dass auch sie 'den Geist der Wahrheit' empfangen und schließlich erkennen würden, 'dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch' (Johannes 14, 20). In diesem Versprechen ist die Lehre der nondualen Einheit vollständig enthalten. In der christlichen Mystik wird sie Vergottung genannt. Martin Luther wies darauf in einer Predigt aus dem Jahr 1526 hin:

Also siehst du, wie Gott sich selbst und Christus, seinen lieben Sohn, ausschüttet über uns und sich in uns eingießt, wie er uns in sich hineinzieht, sodass er ganz und gar vermenscht wird und wir ganz und gar vergottet werden.

Traurig, dass die meisten Christen bis heute davon keine Ahnung haben, obwohl sich die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas größte Mühe geben, darauf hinzuweisen: In der Verklärungsgeschichte versuchen sie aus der Sicht der Jünger zu beschreiben, wie Jesus versunken war in diesen Zustand der nichtdualen Erleuchtung. Sein Angesicht sah ganz anders aus, es leuchtete wie die Sonne, seine Kleider wurden weiß und glänzend wie das Licht. Dieses Ereignis höchster Lumiosität markiert Jesu Ruhen im absoluten Geist allgegenwärtigen nondualen Gewahrseins. Es zeigt Jesu ursprüngliches Gesicht, das Gesicht Gottes, das unser aller Gesicht ist:

Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit durch den Geist des Herrn (2. Korintherbrief 3, 8).

Es ist das Gesicht des 'Menschensohns', das befreit ist von allen Qualen der Trennung zwischen dem eigenen Selbst und der absoluten Wirklichkeit Gottes. Für Christen ist es das Gesicht des Christusbewusstseins, das immer schon war, immer ist und immer sein wird. 'Durch ihn haben wir auch den Zugang zu der Gnade erhalten, in der wir stehen (Römerbrief 5, 2). Wer dieses Gesicht des 'Menschensohns' als das seine erkennt, entdeckt auch, dass er niemals von Gott getrennt war und niemals getrennt sein kann - weil es im nondualen Bewusstsein keine Trennung gibt.

Im vierten Verseknungsgrad wird man vom Christ zum Christus. Wie Jesus wird man in seinen eigenen ursprünglichen, ewig leuchtenden Zustand des göttlichen All-Einsseins mit allem verherrlicht. Das Einssein in der Christuswirklichkeit wird wahrgenommen im tiefsten Inneren und umspannt gleichzeitig die gesamte Wirklichkeit, den gesamten Kosmos. Ein Zustand unendlicher und unermesslicher Freiheit in zeitlos leuchtender Gegenwart. In ihm erkennt man, dass man nicht 'da drinnen' ist und die Welt 'da draußen' betrachtet. Statt dieser alten Dualität ist nur noch Gott da, in reiner Gegenwart und strahlender Unmittelbarkeit.

Man begreift sogar, dass man in diesen Zustand nicht eingetreten ist, sondern schon immer darin war und ist und niemals aus ihm herausfallen kann. Es ist so, als hätte man die Tür entdeckt in einer nicht vorhandenen Wand, wie die Sufis sagen. Oder die torlose Schranke, wie es im Buddhismus heißt. Man sehnt sich nicht mehr nach Gott, ganz einfach, weil man Gott ist. Es ist das Ende, ja der 'Tod' der großen Suche.

Die Auferstehung leben

Man könnte die nonduale Erfahrung auch die 'eigene Auferstehung' nennen. Das korrespondiert mit einer geheimnisvollen Bemerkung im gnostischen Philippusevangelium aus dem 3. nachchristlichen Jahrhundert, wo es seltsamerweise in Spruch 21 heißt:

Jesus ist zuerst auferstanden und dann gestorben.

Das ist nur dann sinnvoll aus der nondualen Perspektive: Jesus hatte zuerst die volle Verwirklichung erlangt, er war zuerst auferstanden in das nonduale Bewusstsein, bevor er aufgrund seiner anstößigen Reden vom Einssein mit Gott seine Passion erleiden musste.

Weil Christus der vollkommen in Gott erwachte, auferstandene Mensch ist, wurde er zum Erwecker schlechthin. Durch ihn wurde das nonduale Bewusstsein zum Weg der Auferstehung für unzählige Menschen. Wo sollte Christus auch auferstehen, wenn nicht im Innersten eines jeden Menschen? Im nondualen Christusbewusstsein wird jeder Mensch selbst zum Kelch der Gottesfülle, der die große Weite und unendliche Freiheit des alles umgreifenden Seins ist.

Wohin nach der nondualen Erfahrung?

Wer in der nondualen Schau das Wesen Gottes und die Einheit allen Seins erfasst hat, der würde sein wahres, innerstes Menschsein verfehlen, wenn er nur 'bei sich' bliebe. Das Neue Testament berichtet, wie Jesus mit seinen Jüngern auf dem Berg der Verklärung war. Als Petrus, Johannes und Jakobus ihm vorschlugen, dort oben Hütten zu bauen und sich für immer dort niederzulassen, wollte Jesus keineswegs bleiben. Er stieg den Berg hinab und stellte sich dort unten sofort dem Leid der Welt: Seine erste Aktivität nach seiner Verklärung war, einen kleinen Jungen zu heilen, der an Epilepsie litt - ein symbolisches Bild für das dualistische Hin-und-her-Gerissensein, unter dem Menschen leiden (Lukas 9, 2-3).

Dieser Dienst der Barmherzigkeit ist für Meister Eckhart das wahre Erkennungszeichen des absoluten Seins. Unendliche Barmherzigkeit ist die 'allem vorauslaufende erste Wirkung' Gottes, das Versöhnungszeichen zwischen der nondualen Wirklichkeit selbst und den dualistischen Leidensformen dieser Welt. Jesus hat diese heilsame Barmherzigkeit so gelebt, dass er selbst zum Heiland, Versöhner und Diener seiner Mitmenschen wurde. Der freie, liebevolle Dienst am Mitmenschen drückt die Rückkehr des Erwachten vom 'Berg der Verklärung' aus. Er ist aber gleichzeitig auch ein Mittel für jeden, um den Berg zu erklimmen und zum Erwachen zu gelangen. Meister Eckhart, der die nonduale Erfahrung gemacht hatte, schrieb allen Christen diesen heilsamen Satz ins Stammbuch:

Wäre einer in solcher Verzückung wie einst Sankt Paulus und wüsste einen kranken Menschen, der eines Süppleins von ihm bedürfte: Ich achtete es weit besser, er ließe ab von Liebe und Verzückung und diente Gott in einer größeren Minne!

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Einstieg Geistesblitze Einstiegsseite und Kritik an der evangelischen Kirche EKD
1. Ebene Frühe Kindheit
2. Ebene Gesundheitliche Situation - Krankschreibungen bis 2005
3. Ebene Erläuterungen zu meinen Träumen und ein Hilferuf an die Bischöfe bevor die ganz heftigen Seiten kommen
4. Ebene Auslebung schmutziger Wünsche und die Umkehr - SM Seiten 35 Seiten

Ich werde keine Säuberungsaktion bzw. Bücherverbrennung veranstalten und diese Seiten aus dem Jahr 2005 von meiner Homepage löschen. Ich habe es erlebt, ich stehe dazu, und hätte ich all das nicht erlebt, wäre ich nach diesem "Höllenritt" nicht die Susanne, die es heute gibt.

5. Ebene Erlösung, Finale und Offenbarung oder Psychose 7 Seiten
6. Ebene Fax und Mail an die Bischöfe - Hermann Hesse zum Suizid
7. Ebene Psychose 2009 mit abgetrennter Hand und abgebranntem Haupthaar - Arztbriefe - Bilder
8. Ebene Die große Frage nach dem "WARUM"
9. Ebene Anrufbeantworter einer psychiatrischen Klinik.....Spaß muß sein!!!!
10. Ebene Vergangenheitsbewältigung.....Achtung nicht jugendfrei!!!! - Adam sieht meine Psychose
11. Ebene Mein Kampf "honi soit qui mal y pense"

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